Die großen Probleme um die Brennstoffzelle gelten als gelöst, aber..

..bis zur Serienreife gibt es dennoch erheblichen Entwicklungsbedarf.

Es ist ruhig geworden um die Brennstoffzelle. Hybrid und Biosprit machen als Antriebs-Alternativen zurzeit viel mehr von sich reden. Dabei liegt der Beginn einer Produktion durchaus in greifbarer Nähe - wenn auch in sehr überschaubaren Stückzahlen.

Von einer Großserienherstellung à la VW Golf sind Brennstoffzellenautos noch weit entfernt - vor 2020 ist damit nicht zu rechnen. Vorher wird, je nach Hersteller, im drei oder vierstelligen Bereich produziert. Das Ziel der japanischen Regierung - 50.000 Brennstoffzellenautos bis zum Jahr 2010 - ist daher sehr ehrgeizig.

Honda hat bei der Markteinführung voraussichtlich die Nase vorn, denn der FCX soll bereits ab 2008 zu haben sein. Noch in diesem Sommer wird das Auto seine Fahrpräsentation erleben, und zwar auf der schwedischen Ostsee-Insel Gotland. Der Veranstaltungsort ist aus Sicht von Brennstoffzellen-Kritikern klug gewählt: Das vergleichsweise kühle Test-Areal gilt als Netz mit doppeltem Boden, denn heiße Temperaturen mag die Technik nicht. Bei extremer Hitze benötigt sie riesige Kühler, um stabil zu funktionieren. Wenn alles glatt laufen soll, macht es also Sinn, Skandinavien statt Sizilien für den Erstkontakt zwischen Presse und Zelle zu wählen.

B-Klasse mit Doppelboden-Konstruktion

Bis das Brennstoffzellenauto für jedermann kommt, müssen die Kühlerflächen schrumpfen, aber nicht nur die. Noch benötigt die Technik so viel Platz, dass Daimler-Chrysler für die nächste Versuchswagenflotte die B-Klasse wählen wird. Ihre Doppelboden-Konstruktion bietet den dringend benötigten Raum für Zelle und Peripherie. Die Entwickler sind aber zuversichtlich, künftig auf einige Komponenten ganz verzichten zu können und andere drastisch zu verkleinern, so dass erste Brennstoffzellen-Serienautos ohne zusätzlichen Platz im Chassis oder erheblich reduziertes Kofferraumvolumen auskommen.

Noch ist die Brennstoffzelle frostempfindlich, selbst wenn Temperaturen bis minus 20 Grad Celsius mittlerweile als problemlos gelten. Vorerst ist das Wasser in der Zelle aber ein unverzichtbarer Bestandteil. Im Fokus der Entwickler steht daher, die für den Betrieb nötigen Wassermengen zu reduzieren. Eiskristalle können nämlich dauerhafte Schäden anrichten. Vor allem die Membran ist anfällig - und kostspielig. Schließlich muss sie mit edlem Platin beschichtet werden. Daher ist die per Brennstoffzelle produzierte Leistung noch rund 100 Mal so teuer wie die eines Verbrennungsmotors.

Brennstoffzellenautos für 50.000 Euro

Die Entwickler, allen voran die Honda-Ingenieure, sind dennoch zuversichtlich, Brennstoffzellenautos bis 2015 für 50.000 Euro anbieten zu können. Das Ziel ist, ganz auf Platin zu verzichten und es durch ein billigeres Material zu ersetzen. Dafür ist Kobalt im Gespräch. Die Haltbarkeit der Technik ist bereits heute erfreulich hoch. Daimler-Chrysler hat mit 60 A-Klasse-Modellen und 40 Bussen Erfahrung gesammelt. Die ältesten Zellen in der A-Klasse sind mittlerweile 2.000 Stunden gelaufen, das entspricht rund 100.000 Kilometern. Bei den Bussen wurden schon 4.000 Stunden erreicht, jeweils ohne nennenswerten Leistungsverlust.

Auch bei diesem Thema haben die Entwickler vor allem die Membran im Blick. Chemische Zusätze auf der Oberfläche der Folie sollen sie künftig noch widerstandsfähiger machen. Um mehr Leistung aus der Zelle holen zu können, müsste ihre Arbeitstemperatur von derzeit 80 Grad Celsius angehoben werden. Daimler-Chrysler geht davon aus, dass bei den momentan gebräuchlichen Niedrigtemperatur-Zellen 100 Grad machbar sind.

VW ist das nicht genug

Hier forscht man an einer Hochtemperatur-Zelle, die bei etwa 150 Grad Celsius läuft. Noch steht diese Technik ganz am Anfang, aber sie verspricht Vorteile bei der Kühlergröße und ist kaum anfällig für das Einfrieren, weil ihr chemischer Prozess auf Phosphorsäure statt Wasser angewiesen ist. Vor 2020 ist jedoch nicht mit einer (Klein-)Serienproduktion zu rechnen - auch weil der Platinbedarf derzeit beim Drei- bis Vierfachen der Niedrigtemperatur-Zelle liegt. Kostenreduktion ist hier ebenfalls das wichtigste Entwicklungsziel.

Denn die Brennstoffzelle wird sich künftig auch gegen einen totgesagten Konkurrenten zur Wehr setzen müssen: das Elektro-Auto. Entscheidend für dessen Erfolg wird die Entwicklung der Lithium-Ionen-Akkus sein. Werden die tatsächlich so leistungsfähig, wie die Forscher versprechen, dürfte die komplizierte Brennstoffzelle in arge Bedrängnis kommen. Möglich ist aber auch eine friedliche Koexistenz. Schließlich nutzen schon heute viele Brennstoffzellen-Prototypen diese Batterien als Puffer, um beim Bremsen Energie zu speichern oder beim Beschleunigen zusätzlichen Schub zu haben. Offenbar gehört also dem Hybrid die Zukunft - mit Brennstoffzelle statt Verbrennungsmotor.

Quelle: Auto Motor und Sport 24.05.2007