Perfekter
Sturm treibt Erdgasfahrzeuge an
Bonn
- Atlantische und pazifische Hurrikane entstehen in diesem Jahr im Wochentakt.
Nicht alle kommen in die Nachrichten. Etliche ziehen über die Ozeane, ohne
Schaden anzurichten. Jene, die in den USA an Land gehen und küstennahe Öleinrichtungen
beschädigen, lassen auch bei uns die Kraftstoffpreise steigen. Gleichzeitig
bläst die Brüsseler Feinstaubrichtlinie dem europäischen Trend zu
Diesel-Pkw entgegen, neuerdings in abgeschwächter Form. Es scheint sich ein
perfekter Sturm zusammenzubrauen, der Erdgasfahrzeuge antreibt. Sie stoßen
keinen Ruß aus und sparen die Hälfte der Spritkosten.
Anders
als von der Autoindustrie geplant, stahlen sie auf der Frankfurter IAA manch
teurem 250 PS-Boliden die Schau. Das berichtet das Onlinemagazin NeueNachricht
http://www.ne-na.de/A556D3/NENA/NENA_NEU.nsf. Es
gab Medienschelte für die anscheinend schamlos ausgestellten Spritfresser,
die in pietätlosem Kontrast zur Ölpreiskrise standen. Man vergaß, dass die
weltweit größte Automesse schon weit vor der amerikanischen Hurrikansaison
vorbereitet wurde.
Feinstaub-Sünderliste wird länger
Erdgas wird auch dadurch attraktiv, dass andere Maßnahmen in den Aktionsplänen
zur Feinstaubreduktion unbeliebt, teuer oder skurril sind: Fahrverbote für
filterlose Diesel, Feinstaubplaketten, Straßenberegnung, Pförtnerampeln am
Stadtrand von Frankfurt oder das geplante Verbot von Lagerfeuern in Halle. Die
Liste der Feinstaubsünder wird indessen immer länger. Das Umweltbundesamt
stellt sie stets aktualisiert ins Internet
http://www.env-it.de/luftdaten/trsyear.fwd. Am 19. September
umfasste sie 16 Städte, die gegen die EU-Verordnung verstoßen hatten, angeführt
von Leipzig, München und Bremen. Wird nun der Dieseltrend gebrochen?
Zumindest, so hört man aus Industriekreisen, werden Erdgasfahrzeuge von
Lobbyisten nicht mehr wie in vergangenen Jahren ausgebremst. Zu ihnen zählten
bestimmte Autohersteller und Ölkonzerne.
Erdgas wächst mit 85 Prozent in 2005
Im ersten Halbjahr nahm die Zahl der Erdgasfahrzeuge in Deutschland um 5.000
auf 32.000 zu. Bis Ende des Jahres werden es nach einem Bericht des Fachblatts
Gas Vehicles Report http://www.thegvr.com
50.000 sein, eine Steigerung von rund 85 % gegenüber dem Vorjahr. 2004 betrug
die Steigerungsrate 42 %, mit den Ländern Berlin, Thüringen und NRW als
Vorreiter. Den Gasfahrern stehen im September 2005 über 660 zur Verfügung,
über 150 davon in Ostdeutschland http://www.erdgastanken.vng.de.
Mittlerweile werden die Stationen auch in der ADAC-Preisdatenbank gelistet.
Monatlich kommen gut 15 neue hinzu. 2007 soll es bundesweit über 1.000
Gastankstellen geben.
Zum Erdgasboom trägt der bundesweit reduzierte Mineralölsteuersatz bei,
festgeschrieben bis Ende 2020. Weitere starke Impulse geben über 200 lokale
Gasversorger, zumeist Stadtwerke, die offenbar eine Mischung aus Weihnachts-
und Goldgräberstimmung umtreibt. Sie verschenken tonnenweise Erdgas und auch
manchmal Bargeld an Neuwagenkäufer und Umrüstwillige http://www.erdgasfahrzeuge.de.
Im Durchschnitt werden die Neukunden mit knapp 1.400 kg Erdgas, entsprechend
etwa 1.000 Euro gelockt. 21 Versorger lassen sich die Werbung bis zu 2.500
Euro pro Fahrzeug kosten. Knauserig ist man dagegen in Albstadt (300 kg
Erdgas), Aschaffenburg (150 Euro) und Esslingen (250 kg Erdgas). Doch etliche
Städte haben ein Überdruckventil eingebaut, um sich vor all zu
durchschlagendem Erfolg ihrer Werbung zu schützen. Die Zahl der geförderten
Fahrzeuge und der Förderzeitraum sind manchmal limitiert. Etliche Gas- und
Geldgeschenke sind mit Werbeaufklebern verbunden, die Gastanker jahrelang
spazieren fahren müssen. Tendenziell werden umgerüstete Autos weniger gefördert
als Neuwagen. Für gewerbliche Autofahrer gibt es oft einen Sonderbonus. So
bieten die Stadtwerke Düsseldorf Taxiunternehmern ganze fünf Tonnen
Gratiserdgas und maximal 750 Euro für Werbeaufkleber pro Fahrzeug an. Alle
Gasversorger machen natürlich zur Bedingung, dass die Tankguthaben nur an
bestimmten Vertragstankstellen im Versorgungsgebiet eingelöst werden. Für
die Kommunen könnte sich das Abfüllen von komprimiertem Erdgas zu einer
attraktiven Einkommensquelle entwickeln.
Höhere Reichweite mit 300 bar-Tanks wäre möglich
Regional sind die CNG-Preise (Compressed Natural Gas, komprimiertes Erdgas)
recht unterschiedlich. So kostete am 21. September ein Kilogramm Erdgas in Düsseldorf
59 Cent und war in Frankfurt mit 83 Cent rund 41 % teurer. Die Differenzen können
sich durch unterschiedliche Preise der Vorlieferanten und verschiedene Qualitäten
ergeben. In Deutschland wird das etwas günstigere L-Gas mit 80-87 % Methan
und einem Heizwert zwischen 8,2 und 8,9 kWh/m3 aus Niedersachsen und über die
Niederlande angeboten sowie H-Gas mit 87 bis 99 % Methan und einem Heizwert
zwischen 10 und 11 kWh/m3 aus den GUS-Staaten, Norwegen, Dänemark und den
Niederlanden. Zudem beeinflusst der Vordruck im regionalen Gasnetz die
Kompressionskosten der einzelnen Tankstellen. Meistens werden sie mit einem
Erdgasdruck von 250 bis 300 bar betrieben, um die Autotanks zügig bis auf 200
bar befüllen zu können. Es gibt auch Tankstellen, die Erdgas mit 350 bar
bevorraten. Jene könnten 300 bar-Autotanks befüllen, um die Reichweite zu
erhöhen. Diese Tanks gibt es zwar schon, werden aber von den Autobauern nicht
nachgefragt.
Viele Umsteiger auf einmal erreicht man bei den Flottenbetreibern. In Berlin
werden 1.000 Taxen und Fahrschulen gefördert. In Hannover gibt es bereits über
70 Erdgastaxen. Der ADAC hat schon seit 2001 dreißig Erdgasautos. In
Bielefeld werden Schulbusse umgestellt. Große Flotten haben die Städte in
ihren Nahverkehrsbetrieben. Die Stadtwerke Augsburg haben angekündigt, in den
nächsten vier Jahren durch die Anschaffung weiterer 50 Erdgasbusse die
gesamte Flotte auf CNG umzustellen, berichtet der Branchendienst Gibgas http://www.gibgas.de.
Bayrische Städte sind zusätzlich motiviert, da der Freistaat den Kauf von
Erdgasbussen mit 40.000 Euro pro Fahrzeug fördert. In Augsburg, Nürnberg,
Erlangen und Coburg kommt die Botschaft an, in München ist man zögerlich.
Weitere Gasbusse fahren in Berlin, Saarbrücken, Hildesheim, Erfurt, Dessau, Düsseldorf
(nur 3), neuerdings in Marburg und Frankfurt an der Oder, das schon 2003 die
gesamte Flotte mit 22 Fahrzeugen umgestellt hat http://www.svf-ffo.de.
Um wirksamer werben zu können, haben sich manche Gasversorger regional zu Fördervereinen
zusammengeschlossen, so im Rheinischen Gebiet http://www.fahren-sparen-erdgas.de
und im Initiativkreis Berlin-Brandenburg – Das Erdgasfahrzeug e.V.
http://www.bb-faehrt-erdgas.de. Überregional ist der
Initiativkreis Erdgas als Kraftstoff Deutschland e.V. mit 18 Gasversorgern tätig
http://www.iek-deutschland.de.
Wer sich als Autofahrer nicht gleich endgültig auf Gas festlegen möchte,
kann seit Juli von der Karlsruher Avis-Tochter Kazenmaier einen Gas-Zafira
ausleihen und probefahren. In Berlin, Essen, Frankfurt und Hamburg bietet Avis
seit August weitere 15 Fahrzeuge an, und zwar das Modell Volvo V70 Bi-Fuel. Längere
Testphasen ermöglichen vier Leasing-Firmen, unter anderem für den
Flottenbetrieb: ASL Auto Service-Leasing http://www.asl.com;
Fiat Leasing http://www.fiatbank.de, http://www.fiatflotte.de;
LHS, eine Dekra-Tochter http://www.lhs-leasing.de
und Master Lease Germany, eine General Motors-Tochter http://www.masterlease.net/www.masterlease.de/index.html.
Puristisch monovalente Fahrzeuge selten
Um in Regionen mit geringer Gasversorgung nicht liegen zu bleiben, sind
Fahrzeuge für den privaten Gebrauch bivalent ausgerüstet. Sie haben einen
Gas- und einen Benzintank, etliche neben dem Gasbehälter auch nur einen
Benzinnottank. Letztere werden fälschlicherweise schon als monovalent
beworben. Puristisch monovalente Fahrzeuge fahren nur mit Gas und sind heute für
den Flottenbetrieb gedacht, so die Lieferwagen Mercedes Sprinter und Iveco
Daily. Mit zunehmender Tankstellendichte könnte sich die Ausrüstungsphilosophie
zugunsten von Erdgas verändern. Erdgasfahrzeuge sind keineswegs eine deutsche
Öko-Spielererei. Auch jenseits der Grenzen wird kräftig Gas gegeben.
Frankreichs Regierung hat unlängst mit der Industrie ehrgeizige Ziele für
2010 vereinbart: neue Erdgasmodelle von PSA und Renault, so etwa der CNG
Kangoo von Renault ab Oktober 2005, Steuerhilfen zwischen 1.525 und 2.300 Euro
für Käufer von Erdgasautos, eine Ermäßigung der Mineralölsteuer für
Erdgas, Verdoppelung des Bestandes an Erdgasbussen (heute 1.600),
Verdreifachung des Bestandes an Erdgas-Müllwagen (heute 300), Anhebung des
Gesamtbestandes an Erdgasfahrzeugen von heute 5.500 auf 100.000, 300 neue öffentliche
Erdgas-Tankstellen zusätzlich zu den heutigen 100 privaten Betriebshöfen
sowie ein Heimbetankungssystem von Gaz de France. In Italien gibt es 529
Erdgastankstellen http://www.guidametano.com.
50 Städte setzen bereits Erdgasbusse ein. In diesem Jahr erwarten Fachleute
im größten Markt Europas 25.000 Neufahrzeuge und etwa 30.000 Umrüstungen.
Manche Städte fördern Erdgasautos durch Vergünstigungen. So waren in Rom
Anfang des Jahres neben dem öffentlichen Nahverkehr auch Erdgasfahrzeuge von
tageweisen Fahrverboten ausgenommen. In anderen Städten Emilia dürfen
Erdgasautos kostenlos parken. Die Schweiz hat über 60 Erdgastankstellen. Bis
Ende 2006 sollen es 100 werden. In Österreich sollen zu den 28 öffentlichen
und über 40 betrieblichen Tankstellen in den nächsten Jahren weitere 60
Erdgasstationen hinzukommen. Fachleute prognostizieren, dass es in zehn Jahren
150.000 bis 250.000 Erdgasfahrzeuge in Österreich geben wird. Erdgasumsteiger
werden hier mit bis zu 1.500 Euro pro Fahrzeug belohnt http://www.erdgasautos.at.
In Spanien gibt es noch keine nennenswerte Infrastruktur an öffentlichen
Tankstellen, doch sind manche Städte sensibilisiert. Im Juli hat die Stadt
Valencia 21 Müllsammelfahrzeuge mit Erdgasmotor von Iveco geordert. In
Barcelona laufen bereits 70 von 1.000 Stadtbussen mit Erdgas. In Großbritannien
wurden 25 Erdgastankstellen gezählt http://www.ngva.co.uk,
in Tschechien 19, in Polen 13, in der Ukraine 145 und in Russland 213. 1990
gab es in der früheren Sowjetunion noch 357 Erdgastankstellen für 350.000
Gasfahrzeuge. Nach dem Zerfall in 15 GUS-Staaten haben nur sechs von ihnen ihr
Erdgasprogramm beibehalten. Sie verfügen heute über 490 Tankstellen und
161.000 Fahrzeuge.
Europa bei Erdgas auf hinteren Plätzen
Im weltweiten Vergleich ist Europa auf den hinteren Plätzen. Die zehn
Spitzenreiter waren Ende 2004 nach Fahrzeugzahl: Argentinien 1.289.000,
Brasilien 787.000, Pakistan 475.000, Italien 381.000, Indien 222.000, USA
130.000, China 82.000, Ukraine 67.000, Ägypten 55.000, Venezuela 44.000. Der
weltweite Gesamtbestand belief sich auf rund 3,8 Millionen Fahrzeuge. In Südamerika
ist schon eine weite Verbreitung erreicht. Allein in Argentien machen
Erdgasfahrzeuge etwa 15 % der Gesamtflotte aus. Nun dringt Erdgas in exotische
Anwendungen vor. In Peru und Chile gibt es erste Erdgaslokomotiven, in
Brasilien wurde ein kleines Erdgas-Flugzeug getestet. Starkes Wachstum
erwarten Experten im asiatischen Raum, in dem mindestens 17 Länder
Erdgasvorkommen haben http://www.ngvglobal.com.
In den USA dominiert Kalifornien mit seinen strengen Abgasvorschriften. Hier
werden vor allem Busse und Müllfahrzeuge mit Erdgas betrieben. Allerdings
haben sich weitere Bundesstaaten den kalifornischen Umweltstandards
angeschlossen. Durch neue Gesetze wurden 28 Fördermaßnahmen für
Erdgasfahrzeuge eingeführt. In Kanada wurde im April ein einjähriges Förderprogramm
aufgelegt, das den Neukauf, das Leasing oder die Umrüstung von Erdgasautos
mit umgerechnet bis zu 2000 Euro bezuschusst http://www.nrcan-rncan.gc.ca.
Erdgas wird noch überwiegend leitungsgebunden transportiert, häufig mit 20-jährigen
Lieferverträgen. Damit ist es eigentlich gegen Raubzüge von Spotmarkteinkäufern
weitgehend geschützt. Jene fallen in Krisenzeiten gern in Ölumschlaghäfen
und Raffineriestandorte ein und ersteigern Tankerladungen von Benzin und
Dieselkraftstoff, die dann regional fehlen. Durch Verflüssigung bei minus 162
Grad Celsius zu LNG (Liquefied Natural Gas) kann Erdgas die Pipeline-Trassen
verlassen. Auf ein Sechshundertstel seines Volumens reduziert wird es in
tiefgekühlten Kugeltanks auf Schiffen weltweit gehandelt. Obwohl die Verflüssigung
energieaufwändig ist und LNG-Tanker in manchen großstadtnahen Häfen im
Falle eines Unfalls oder Anschlags als Sicherheitsrisiko betrachtet werden,
nimmt die Zahl der LNG-Projekte zu. Derzeit sind neue Verflüssigungsanlagen
an der Barentsee und auf der Insel Sachalin in Russland, in Marokko, China,
Australien und Nigeria geplant.
LNG bringt Risiken und Chancen
LNG-Projekte werden überwiegend für abgelegene Vorkommen von so genanntem
Stranded Gas geplant, für die Pipelines zu den Verbraucherregionen unrentabel
oder politisch riskant wären. Die Versorgung vorhanderer Gasleitungen wird
also meistens nicht geschmälert. LNG ist also eine international handelbare
Zusatzversorgung, die Preisübertreibungen von leitungsgebundenem Gas mildern
kann. Diese Diversifizierung der Bezugsquellen könnte auch für Deutschland
interessant werden, da in 2005 die Preise anziehen und Preissteigerungen für
2006 angekündigt sind. Neben den Chancen, die der LNG-Trend bietet, birgt er
auch ein Risiko: Sobald das Gas verflüssigt und frei handelbar ist, ist es
auch dem internationalen Nachfragewettbewerb ausgesetzt und kann auf dem
Spotmarkt von Meistbietern tankerweise umgeleitet werden. Bislang wird
weltweit etwa ein Fünftel des Erdgases in verflüssigter Form gehandelt. Ein
starkes Wachstum des Flüssiganteils wird von Experten erwartet.
Nach dem Bericht des Handelsblattes erwarten Rohstoff-Superzyklus" vom
10. August wird es bei Erdgas zu einer erhöhten Nachfrage kommen. Die
Nachfrage Chinas werde sich in den nächsten fünf Jahren verdoppeln. Für die
USA erwarten Analysten einen Gaspreisanstieg von 8,7 Dollar auf 12 Dollar pro
MMBtu (Million British Thermal Units – 28,3 Kubikmeter) in dem laufenden
Zyklus, der noch für mindestens zehn Jahre anhalten werde. Der Rohölpreis
werde in diesem Zyklus erst bei über 100 Dollar je Barrel den Höchststand
erreichen.
Höherer Wirkungsgrad ist möglich
Noch ist der Gasverbrauch durch Fahrzeuge auf niedrigem Niveau. Zu einem
Anstieg könnte die erhöhte Akzeptanz von Erdgas durch verbesserte
Motorentechnik mit höherem Wirkungsgrad beitragen. Erdgas wird heute in Pkw
mit Otto-Motoren verbrannt. Aus einem gemeinsamen Verteilerrohr (Common Rail)
strömt es getaktet mit mäßigem Druck durch Einblasdüsen in das Saugrohr,
wo sich das Gemisch bildet. Im Brennraum wird es mittels Zündkerze entflammt.
In künftigen monovalenten Motoren kann der Wirkungsgrad durch höhere
Kompression und Aufladung noch gesteigert werden. Die Neigung zur Selbstzündung
ist gering, die Oktanzahl von Erdgas liegt im Bereich von 130. Beim Einsatz in
Nutzfahrzeugen, wegen der begrenzten Reichweite noch vorwiegend
Nahverkehrsbusse, werden die vorhandenen Dieselmotoren deshalb auf Fremdzündung
durch Zündkerzen umgerüstet und modifiziert. MAN und Cummins, USA, sind mit
solchen Großmotoren erfolgreich. Beide kooperieren mit Westport Innovations
Inc. in Kanada. Dort wurde eine Direkteindüsung von Erdgas mit hohem Druck in
den Brennraum entwickelt. Sie findet gegen Ende der Kompressionsphase statt.
Großmotoren werden hierbei mit einer Diesel-Piloteinspritzung gezündet,
mittelgroße Motoren mit einer Glühzündung. Für die Serienfertigung fehle
es jedoch noch an der nötigen Marktgröße, bedauert ein Westport-Sprecher.
Weitere DING-Varianten (Direct Injection Natural Gas) sind weltweit in
Vorbereitung, etwa an der Fachhochschule Dortmund. Auch hier fand sich noch
kein Serienpartner. Die anfängliche Euphorie zu diesem Projekt scheint
nachzulassen. Im Vergleich zur relativ gemächlichen Gemischbildung in einem
Ansaugtrakt muss bei der Direkteinblasung alles sehr schnell gehen. Damit sind
die Düsen und andere Komponenten größer zu dimensionieren. Hinzu kommt natürlich
eine Hochdruckgaspumpe, die bei fast leerem CNG-Tank kräftig arbeiten muss
und Energie schluckt.
Man sieht, die Bremsklötze für Erdgasautos sind noch nicht vollständig
entfernt. Dabei sind deutsche Automobilingenieure meist weiter als ihre
Konzernlenker. Die Manager sind verschiedenen Erwartungen und Hoffnungen
ausgesetzt: Aufholjagd in der Hybridtechnik, Serienausrüstung für
biologische Kraftstoffe, Erhaltung des europäischen Dieseltrends mittels Rußfilter
und schließlich die Öffnung der USA für Diesel-Pkw. Für letztere ist der
dort für 2006 verordnete schwefelarme Dieselkraftstoff notwendig. Dessen Einführung
rückt in weite Ferne. Im September rief die US-Regierung amerikanische
Raffinerien auf, auf die Produktion von schwefelarmem Diesel vorerst zu
verzichten und den Ausstoß zu erhöhen. Menge geht in der angespannten Lage
vor Qualität. Dass die letzten auf dem Weltmarkt mobilisierten Lieferreserven
für Rohöl zumeist schwefelreich sind, erschwert die Raffinierung zusätzlich.
Vor diesem Hintergrund könnten europäische Autobauer doch noch größere
Sympathie für Erdgasfahrzeuge entwickeln.