High-Tech-Diesel Gefahr durch Rußpartikel Ein Diesel - sein Image früher: lahm und laut, ein Antrieb fürs Grobe. Sein Image heute: modern, spritzig, sparsam. High-Tech-Aggregate haben mit den alten Vorurteilen aufgeräumt und dem Selbstzünder zu einem Quantensprung verholfen. Mit Macht drängt der Diesel in gehobene Fahrzeugklassen vor. TDI, CDI, HDI - diese Kürzel stehen für die neueste Generation. Sie sind nicht nur sparsam, sondern - so sagen die Hersteller - auch schadstoffarm. Doch genau hier gibt es Zweifel. Denn: Wissenschaftler schlagen Alarm. Sie halten die potenten Selbstzünder für tickende Zeitbomben. Der Grund: Der Ruß aus dem Auspuff moderner Diesel steht in Verdacht, ein ernsthaftes Gesundheitsrisiko zu sein. Zündstoff geben dieser Vermutung neue Untersuchungen, so zum Beispiel des Umweltbundesamtes in Berlin. Das wichtigste Ergebnis: Stefan Rodt, Umweltbundesamt: Als Ursache dafür gelten mikroskopisch kleine Rußpartikel. Zwar erzeugen moderne Turbodiesel von der maße her weniger Abgas als ältere Konstruktionen. Für die Anzahl der Feinpartikel gilt das aber offenbar nicht. Mediziner halten diese Rußwinzlinge in der Luft für höchst gefährlich. Prof. Uwe Heinrich, Fraunhofer Institut Toxikologie und Aerosolforschung: Vor allem im Gesundheitsland USA regt sich Widerstand. Wissenschaftler warnen hier sogar vor dem "Teufel im Diesel". Eine Untersuchung ergab, dass rund 60.000 Amerikaner Jahr für Jahr an der Überdosis feiner Partikel in der Luft sterben. Und dabei gilt der Diesel als Hauptlieferant. Eine wichtige Erkenntnis dabei ist, dass die Rußkrümel nicht nur Krebs verursachen. Prof. H.-Erich Wichmann, GSF-Institut für Epidemiologie, Universität München: Autobauer in Europa könnten durch diese Erkenntnisse in die Klemme geraten. Denn der
Diesel gilt hier - anders als in den USA - als Schlüsseltechnik für die
Energiesparerfolge der kommenden Jahre. Einige Hersteller haben bereits reagiert, zum
Beispiel Ford. Der erste serienreife Erfolg für den Einsatz in Diesel-Pkw kommt diesmal aus Frankreich. Der PSA-Konzern Peugeot Citroen hat das so genannte FAP-System entwickelt. Die aufwendige Anlage hält den Mikrodreck zurück, wie die Filtertüte den Kaffeesatz. Dank dieser Technik geht der Partikelausstoss gegen Null. Nächstes Jahr kommt der Filter auf den Markt. Die Wirkungsweise des FAP-Systems hat der PSA-Konzern dem Südwestrundfunk in einem Gespräch erläutert. Trotzdem halten sich fast alle Autobauer mit der teuren Technik noch zurück. Der Grund: Einige Dieselmodelle der neuesten Generation erfüllen auch ohne Filter schon heute die ab kommenden Jahr geltende gesetzliche Abgasnorm Euro 3. Hier werden Schadstoffe wie bisher auch in Gramm pro Kilometer ermittelt, also gewogen. Das heißt: Die ultrafeinen Rußkrümel werden bei dieser Methode schlicht ignoriert, denn sie sind für die Waage zu leicht. Fachleute kritisieren die Schadstoffbestimmung als nicht mehr zeitgerecht. Selbst Mitglieder im Europäischen Parlament wollen das ändern. Bernd Lange, SPD, MdEP: Wann das sein wird, steht noch in den Sternen. Deshalb meint der ARD Ratgeber: Im Interesse der Gesundheit sind schnellstens gesetzliche Regelungen nötig, die Rußfilter bei allen Dieselkraftfahrzeugen zur Pflicht machen. Erst dann steht dem Siegeszug des Diesels auch in Puncto Umweltverträglichkeit nichts mehr im Weg. |
© Südwestrundfunk 2000 |