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136-2-1 | 12.11.2004 | 23:35 | Andy |
Betreff: Antwort - Diesel einfach wesentlich billiger
Da muss ich mich jetzt doch glatt in einem Punkt geschlagen geben: Meine jährliche Kilometerleistung lag über lange Zeit "nur" bei rund 60.000km. Lag, weil sich mein Leben verändert hat und die Kilometerabspulerei in letzter Zeit deutlich abgenommen hat.
Ad1: Stimmt, BMWs mit Benzinmotor sind immer noch durstig. Aber gerade BMW traue ich es, anders als dem Rest der deutschen Autoindustrie, zu den Sprung ins 21. Jahrhundert zu vollziehen. Mal sehen, ob die Bayern VANOS etc. irgendwann in den Griff bekommen. Ansonsten gilt: Es ist doch keiner gezwungen sich einen BMW zu kaufen. Wenn BMW es nicht hinkriegt verbrauchsgünstige Benzinmotoren zu bauen, kann sich der Kunde auch nach anderen Marken umsehen. Aber wie gesagt traue ich es BMW durchaus zu etwas auf die Beine zu stellen, das erstens mit moderaten Verbräuchen auskommt, zweitens das BMW-Sprichwort: "Wer Motoren bauen kann, braucht keinen Turbo", in Erinnerung ruft.
Ad2: Das mit der langen Lebensdauer stimmt so nicht mehr. Sämtliche von mir gefahrenen Benziner konnten die hier angegebenen 250.000km um gut 100.000km überbieten und liefen immer noch, als ich sie weggab. Demgegenüber werden moderne Turbodiesel, um mit gut eingefahrenen Benzinern wenigstens einigermaßen mithalten zu können, jenseits jeglicher Vernunft aufgeblasen, was natürlich eine extrem verkürzte Lebensdauer der Diesel mit sich bringt. Wirklich unverwüstlich waren die Taxidiesel aus den 70er-Jahren, heute jedoch steht, überspitzt formuliert, so mancher Diesel schon mehr in der Werkstatt, als er fährt.
Ad3: Apropos 70er-Jahre: Damals glaubten die Leute anscheinend wirklich noch ein sicheres Auto müsste schwer sein. Dass dem nicht so ist, ist mittlerweile aber sogar zu ÖAMTC und ARBÖ vorgedrungen. Zwar bringt bei einem Frontalzusammenstoß das schwerere Auto gegenüber dem leichteren ein physikalisches Argument mit, aber diese "Sicherheit" auf Kosten des anderen ist auch schon alles. Andererseits widerspricht der ausgesprochene Schwerbau, der in letzter Zeit um sich greift, ausgerechnet dem, was als "Freude am Fahren" beworben wird. Widersprüchlicher geht es gar nicht mehr, auf der einen Seite steht ein Werbeslogan, auf der anderen eine träge Masse. Diese träge Masse schiebt in Kurven nach außen, bringt einen längeren Bremsweg und schlechtere Beschleunigung mit sich. Was ist daran sicher?
Zum Thema Leichtbau: Audi baut den TDI-Panzer, der künftig unsere unsägliche Regierung durch die Lande kutschieren wird, aus Alu (übrigens als Spaceframe, obwohl es schon seit 15 Jahren selbsttragende Alukarosserien gibt). Es ist zwar nett, dass die Gewichtsersparnis beworben und von sog. Autofahrerklubs gefeiert wird, aber trotzdem ist dieses Ding extrem schwer. Es bringt eben nicht viel eine leichte Karosserie zu bauen, wenn dann alles Mögliche an unsinnigem Kram draufgepappt wird.
Hier zeigt sich einer der Teufelskreise in denen sich die Autoindustrie munter nach unten schraubt: Die Autos wurden immer abgehobener und damit wurden auch immer mehr für den Fahrer wichtige Informationen herausgefiltert. Das Fehlen dieser Informationen in den Fingerspitzen wiederum sollte durch den Einbau elektronischer Assistenten kompensiert werden, was leider wieder zu einer noch ausgeprägteren Abgehobenheit führte. Nun wird wieder mit einer weiteren Verfettung gegengesteuert, so arbeitet z.B.: Mercedes inzwischen am Force-Feedback. Demnächst werden also Dinge eingebaut werden, die emulieren sollen was gefiltert wurde. Bei all dem Wahnsinn, der da abläuft, ist es fast schon lächerlich Karosserien aus Alu zu bauen, um wenigstens etwas Gewicht einzusparen, denn gleichzeitig werden diese "Leichtbauten" immer schwerer, was zu immer größeren Einbusen in der Fahrdynamik führt. Das Ganze kann vielleicht als "qualitatives Wirtschaftswachstum" durchgehen, mit Sicherheit hat das aber herzlich wenig zu tun (nicht mehr als George W.´s Krieg gegen den Terror oder Kameras an jeder Hausecke.)
Nein, ich bin nicht vom Thema abgekommen, sondern komme nach diesen Ausführungen zu einem Punkt, der von Dieselfahrern doch gerne angesprochen wird, nämlich zum Verbrauch: Würde all der verbaute Blödsinn weggelassen werden, so wären Autos um einiges leichter und der Verbrauch leichter Benziner wäre so niedrig, dass sich mancher Dieselfahrer verwundert die Nase reiben würde.
Noch etwas zum Thema Sicherheit (das hat jetzt aber mit Dieseln nichts zu tun): Der Schein trügt manchmal. So mancher SUV (teilweise auch so mancher VAN) verfügt zwar über große Knautschzonen, doch bringt ihm das z.B.: bei einem Zusammenstoß mit einem Kleinwagen (oder Sportwagen) nichts. Dann wird nämlich die Crashstruktur des einen überfahren, die des anderen unterfahren. Im Klartext: Das niedere Auto verschwindet unter dem hohen und wird erst hinter der eigentlichen Knautschzone getroffen. Aber auch das hohe Auto steht dann schlecht da, den es wird natürlich genauso erst weiter hinten getroffen, nur eben nicht von oben, sondern von unten. All das Blech ist wertlos, wenn der Kleine dem Großen die Achse reinschiebt. Aber das nur am Rande.
Ad3, Thema LKW: Warum nur ist es unter Dieselfahrern modern geworden auf LKWs zu schimpfen? Mal abgesehen davon, dass ich kein Problem damit habe mal hinter einem LKW zu fahren und ihn zu überholen (hab ja keinen Diesel), sobald es geht, finde ich es schon komisch, wenn in Österreich unter anderem auch wegen der Abgase und dem Lärm auf LKWs geschimpft wird. Ca. 70% der Neuzulassungen bei den PKWs sind Diesel, produzieren also die gleiche Art von Dreck und die gleiche Art von Lärm. Erst mal sollten Dieselfahrer den Ruß vor der eigenen Türe kehren, bevor sie sich mit dem von anderen beschäftigen.
Um nicht falsch verstanden zu werden: Ich habe auch keine Freude damit, dass die Verlagerung des Schwerverkehrs auf die Schiene nicht stattfindet. Aber ich würde niemals gegen den Transit protestieren, wenn ich selbst einen Diesel fahren würde, da mir eine solche Argumentation verlogen vorkommen würde. Aber ich fahre ja Gott sei Dank keinen Diesel...
Ad4: Die Geräusch-Entwicklung im Innenraum von Dieseln ist in der Tat einigermaßen erträglich geworden. Doch bezieht sich dies eben nur auf den Innenraum, während außen immer noch deutlich der Diesel zu hören ist. Abgesehen davon, dass ich es für rücksichtslos halte anderen zuzumuten, was Dieselfahrer selbst im Innerein nicht hören will, gelangen wir auch hier wieder zu einem der Teufelskreise: Die Geräuschdämmung wurde mit unnützem Gewicht erkauft, was wieder einmal zu Einbusen in der Fahrbarkeit und im Verbrauch führt. Dazu kommt noch teures Sounddesign bei AVL etc., was natürlich von den Dieselfahrern, die sich doch gerne als sparsam bezeichnen, bezahlt werden muss. Der Teufelskreis schließt sich genau da, wo wegen aller möglichen Dämmungen das Fahrzeuggewicht aus dem PKW schon fast einen "Ultra-Leicht-LKW" macht. Der Diesel in diesen Kraftfahrzeugen muss dann natürlich wiederum unnötige Lasten schleppen.
Ad5: Sorry, aber das Märchen von der Kraft des Diesels kann ich nicht mehr hören. Ich warte schon drauf, dass irgendein Werbemensch entdeckt, dass das maximale Drehmoment bei einigen Dieselmonstern höher ist als das maximale Drehmoment eines Formel-1-Motors. Ein alleinstehender, maximaler Wert an der Kurbelwelle sagt zwar kaum etwas aus, aber die Leute werden es der Werbung dann schon glauben, dass der kurze Ruck beim Einsetzen des Turbos den Diesel zum Rennmotor macht. Solche Überschätzungen sehe ich mittlerweile schon täglich, alleine wenn ich den Dieslern beim Überholen zuschaue: Schwupp ist er draußen, schwupp verhungert er genau da, wo es vorne rein gleich weit wie hinten rein ist. Sicherheit, jaja. Es ist kaum zu glauben, was den Leuten alles angedreht werden kann, wenn nur groß genug Sicherheit draufsteht. Aber was soll´s, ich verfüge über genug Erfahrung, um die diversen Dieselmanöver im Ansatz zu erkennen und eben abzuwarten, bis der Diesel fertig rumgetuckert ist.
Für alle, die mal wissen wollen, wie das mit dem Drehmoment, von dem Dieselvertreter doch so gerne reden, wirklich ist, gibt es diese Seite im Netz:
http://www.rieseler-online.de/timo/Drehmoment.htmPhysik lässt sich eben nicht so einfach reduzieren und schon gar nicht veräppeln, auch wenn die Autoindustrie momentan auf den Physikverarschungszug aufgesprungen zu sein scheint, so wird es doch wieder die Physik sein, die sie wohl irgendwann aus der Bahn werfen wird. Und wie wird verkauft? Wenn es sonst kein Argument gibt, dann wird eben der Begriff "Sicherheit" strapaziert.
Ach ja: Ich werfe keinem etwas vor, der den Slogans glaubt, sondern beziehe meine Kritik auf die Industrie und ihre Methoden. Natürlich reagiere ich direkt auf Aussagen, aber wie gesagt ziele ich dabei nicht auf mein Gegenüber, sondern auf das, was dahintersteht und auch darauf, dass Information immer mehr zur (gefilterten) Ware wird. Aber das hat jetzt wirklich nichts mehr mit Diesel zu tun....
Gruß,
Andy